Wissenschaftlich orientierte Pressemitteilung
Erfolgreiche klinische Studie mit Mologens MIDGE-Technologie:
Mehrfach gen-modifizierte Tumorzellen als Impfung gegen Nierenzell-Krebs.
Die Mologen entwickelt zusammen mit klinischen Partnern in einem weltweiten FuE-Netz Verfahren zur Gentherapie von Tumorerkrankungen. Ziel ist es, gentherapeutische Verfahren zu finden, die Tumorzellen hochspezifisch von "gesunden" oder "normalen" Zellen unterscheiden und zerstören können. Insbesondere sollen die Verfahren der Mologen geeignet sein, Tumorzellen anzugreifen, die sich vom Ursprungstumor (Primär-Tumor) abgelöst haben und die Fähigkeit erworben haben, sich irgendwo anders im Körper anzusiedeln und wieder als Tumoren zu wachsen - also Metastasen zu bilden. Metastasierende Tumorzellen müssen durch Mutationen und chromosomale Umlagerungen vielfältige Veränderungen durchmachen, um ihre bösartigen Eigenschaften zu erlangen. Im Vergleich zu normalen Körperzellen sollten sie deshalb vom Immunsystem der Patienten als "fremd" oder "infiziert" wahrgenommen werden. Sie verstehen es aber, sich der Erkennung und Zerstörung durch Reaktionen des angeborenen und des erworbenen Immunsystems zu entziehen, das Immunsystem verhält sich dem Tumor gegenüber "tolerant". Viele gentherapeutische Studien zielen deshalb darauf, mit sogenannten therapeutischen Impfungen das Immunsystem in die Lage zu versetzen, Tumorzellen ebenso zu erkennen und zu zerstören, wie es dies sonst mit Zellen tut, die von einem fremden Erreger, beispielsweise einem Virus, infiziert wurden.
Um die immunologische Toleranz des Immunsystems der Patienten gegenüber ihren Tumorzellen zu durchbrechen, müssen die Tumorzellen wahrscheinlich auf mehrfache Weise gentechnisch modifiziert werden. Mit der Injektion solcher mehrfach gen-modifizierten Tumorzellen unter die Haut der Patienten, an den aus Impfungen bekannten Stellen an Oberarmen und Oberschenkeln, soll durch die Kombination von Modifikationen folgende Abfolge von Reaktionen ausgelöst werden:
- Am Ort der Injektion soll eine Entzündung ausgelöst werden, so als wäre es dort zur einer Infektion mit Bakterien gekommen. Die Entzündung aktiviert schnell Reaktionen des sogenannten angeborenen Immunsystems. Diese sind:
- Angriff und Zerstörung modifizierter Tumorzellen durch "natürliche Killerzellen" (NK-Zellen); diese Zellen sind wahrscheinlich entscheidend für die Tumor-Zerstörung.
- Anlocken und Aktivierung von Zellen, die Tumorzell-Trümmer fressen und sehr kleine Bruchstücke (Peptide), die aus den Proteinen der Tumorzellen geschnitten werden, auf ihrer Zelloberfläche präsentieren (APC, Antigen-präsentierende Zellen)
- Das erworbene oder spezifische Immunsystem soll dazu gebracht werden, eine gro�e Anzahl sogenannter cytotoxischer T-Lymphocyten (zellzerstörende T-Zellen) zu bilden. Diese sind in der Lage nach einem anderen Erkennungsprinzip als die NK-Zellen Tumorzellen zu erkennen und sie auf ähnliche Weise zu zerstören. Sie lernen dies anhand der von den Antigen-präsentierenden Zellen (APC) vorgezeigten Peptiden (Antigenen) aus Tumorzellen auf folgende Weise:
- APC wandern in den nächstgelegenen Lymphknoten ein und präsentieren dort ihre Peptide (Antigene) sogenannten T-Helfer-Lymphocyten (T-Helfer-Zellen).
- T-Helfer-Zellen erzeugen ein "Antigen-Fahndungsphoto" und bilden daran cytotoxischen T-Lymphocyten (zellzerstörende T-Zellen) aus. Unter Einfluss von Zell-Wachstumsfaktoren (Cytokinen) vermehren sich die Tumorzell-spezifischen, zellzerstörenden T-Zellen im Lymphknoten und wandern in alle Körperregionen aus, um nach Tumorzellen zu fahnden.
- Zellzerstörende T-Zellen erkennen und vernichten im Körper der Krebspatienten die vorhandenen Tumorzellen.
Zur Herstellung des Impfstoffs wird den Patienten der Primärtumor chirurgisch entfernt. In die daraus gewonnenen Zellen werden die MIDGE Genpakete eingebracht. Der so erzeugte patientenspezifische Impfstoff wird dann den Patienten in die Haut injiziert.
Die Genpakete wurden im Auftrag von Mologen am Centrum Somatische Gentherapie (CSG) der Freien Universität Berlin von Tomislav Dorbic und Burghardt Wittig entwickelt. Zum Transfer der Genpakete in die Tumorzellen der Patienten wurden von Mologen patentierte Techniken wie das "Ballistomagnetische Vektorsystem" und das "Hydra-System" eingesetzt. Die eigentliche klinische Studie wurde von den Professoren Dieter Huhn und Ingo Schmidt-Wolf an den onkologischen Abteilungen der Charit� in Berlin (Virchow-Klinikum) und der Universitätsklinik Bonn durchgeführt.
Das Genpaket für die jetzt abgeschlossene klinische Studie der Phase I/II enthielt folgende Bestandteile:
- Eine gro�e Anzahl gleicher kurzer, hantelförmiger DNA-Konstrukte, aus Mologens d-SLIM (für double Stem-Loop-Immuno-Modulators) Molekül-Familie. Sie lösen die oben beschriebene Entzündungsreaktion aus, wenn sie von Antigen-präsentierenden Zellen aufgenommen und als bakterielle DNA interpretiert werden.
- Zwei unterschiedliche DNA-Konstrukte aus Mologens patentierter MIDGE-Technologie (Minimalistic Immunogenically Definined Gene Expression). Ein MIDGE steuert die Produktion (Genexpression) gro�er Mengen des Zell-Wachstumsfaktors (Cytokins) GM-CSF in den Tumorzellen. GM-CSF lockt Vorläufer Antigen-präsentierender (APC) Zellen an und lässt sie zu APC reifen. Der andere MIDGE steuert die Produktion des Cytokins IL-7, einem Vermehrungssignal für die "natürlichen Killer-Zellen" (NK-Zellen) des angeborenen und "zellzerstörende T-Zellen" des erworbenen oder spezifischen Immunsystems.
Patienten, bei denen nach Entfernung des Nierenzell-Tumors noch Metastasen verblieben waren, deren Grösse in Röntgenbildern gut messbar war, erhielten von den studienleitenden �rzten in vier Behandlungen im Abstand von zwei bis drei Wochen jeweils 5 bis 10 Millionen ihrer mit Mologens d-SLIM und MIDGE modifizierten Tumorzellen als körpereigenen (autologen) Impfstoff in die Haut injiziert. Vor Beginn der Behandlung wurden eine Vielzahl immunologischer und klinisch-chemischer Messwerte erhoben und die Grösse einer oder mehrerer verbliebener Metastasen in Computer-Tomogrammen (CT) vermessen. Nach jeder der vier Impfungen wurden die immunologischen und klinisch-chemischen Messwerte erneut bestimmt und ca. zwei Wochen nach der vierten Impfung wieder ein Computer-Tomogramm angefertigt.
Für zehn Patienten, deren Daten vollständig und vergleichbar auszuwerten waren, ergab sich nach klinischem Erfolg zusammengefasst folgendes Bild:
Alle Patienten befanden sich zu Beginn der Behandlung im Stadium fortschreitender Erkrankung. Die therapeutischen Impfungen mit ihren mehrfach gen-modifizierten Zellen wurden subjektiv und objektiv gut vertragen. Es traten keine unerwünschten Wirkungen auf und der Prozess der Zell-Herstellung und Applikation konnte nach immunologischen, toxikologischen und mikrobiologischen Kriterien als reproduzierbar und sicher eingestuft werden. Nach Abschluss der Behandlung war zwar bei einer Hälfte der Patienten der metastasierende Krebs weiter fortgeschritten, bei den anderen fünf Patienten aber eine Verbesserung ihrer Erkrankung nach onkologischen Beurteilungskriterien eingetreten. So zeigten zwei dieser Patienten das Bild einer stabilen Erkrankung; einer hatte einen Rückgang seiner Lungenmetastasen aber eine Zunahme der Metastasen im Bauchraum; bei einem Patienten waren die Metastasen um mehr als 50% zurückgegangen und einer zeigte eine vollständige Rückbildung seiner Metastasen. Der Patient hat seit mehr als 3 Jahren keinen Rückfall erlitten. In einer Phase I/II Studie ohne Kontrollarm lassen diese Zahlen keinen sicheren Rückschluss auf die Wirksamkeit der Behandlung zu. Sie lassen allerdings vermuten, dass der hier angewendete gentherapeutische Impfstoff selbst bei fortgeschrittener Krebserkrankung und vielfältiger Metastasierung Verbesserungen des Krankheitsbildes hervorrufen kann. Eine weitere Prüfung unter den kontrollierten Bedingungen von klinischen Studien der Phase III wird zur Zeit eingeleitet. Mologen hat die oben skizzierte Familie von tumor-therapeutischen Impfstoffen zum Patent angemeldet.
Die Ergebnisse dieser gentherapeutischen Studie zeigen zum ersten mal, dass mit dem Transfer mehrerer DNA-Expressionskonstrukte in minimalistischer Form, gentherapeutische Konzepte gegen Tumorerkrankungen klinischen Erfolg haben können.